Mitarbeiter fordert mehr Gehalt — was jetzt zu tun ist (Praxisleitfaden für Inhaber)
Ein Mitarbeiter kommt ins Büro und sagt: „Chef, ich möchte 2 € mehr pro Stunde.“ Kurzfristig schockiert? Verständlich. Ein pauschales „Nein“ löst das Problem aber nicht — häufig führt es zu Demotivation oder Fluktuation. Besser: strukturieren Sie das Gespräch, prüfen die Motivation und machen eine sachliche Vereinbarung, die sowohl Ihre Kosten im Blick behält als auch dem Mitarbeiter eine faire Chance gibt, die Mehrauszahlung zu verdienen.
1) Erstreaktion: Ruhig bleiben und Informationen sammeln
Sagen Sie nicht sofort „Nein“ oder „Ja“. Nutzen Sie stattdessen ein kurzes, klares Erstgespräch:
- Bedanken: „Danke, dass Sie das offen ansprechen.“
- Zeit gewinnen: „Geben Sie mir zwei Tage, dann sprechen wir das konkret durch.“
- Kurzfrage: „Worauf basiert Ihre Forderung? Haben Sie Beispiele (Stellenanzeigen, konkrete Zahlen)?“
Diese erste Reaktion zeigt Respekt, verhindert emotionale Eskalation und schafft Raum für eine durchdachte Lösung.
2) Motivation verstehen — die richtige Frage stellen
Häufige Gründe sind: Marktvergleich (andere bekommen mehr), Lebenshaltungskosten, Überlastung oder Wunsch nach Verantwortung. Fragen Sie konkret:
- „Welche Anzeigen oder Vergleiche haben Sie gesehen?“
- „Was würde Ihnen die 2 € pro Stunde bzw. 300 € monatlich wert sein? Was sind Sie bereit zusätzlich zu leisten?“
So vermeiden Sie, dass die Forderung allein auf Vermutungen basiert.
3) Leistungsorientierte Lösung vorschlagen (Pay for Performance)
Statt abstrakt mehr zu zahlen, koppeln Sie Gehaltserhöhung an messbare Mehrleistung oder Verantwortung:
- Mehr Stunden / Überstunden? (nur sinnvoll, wenn planbar)
- Zusätzliche Aufgaben: Leitung kleiner Baustellen, Angebots‑Checks, Ansprechpartner für Kunden, Einarbeitung neuer Kollegen.
- Zielvereinbarung: z. B. +2 €/h bei nachweislich 20 % mehr abgewickelter Aufträge oder X erfolgreich abgeschlossenen Projekten pro Monat.
Beispielrechnung aus dem Skript: 2 € mehr pro Stunde bei 150 Stunden = 300 € pro Monat. Wenn der Mitarbeiter durch produktivere Arbeit diese 300 € erwirtschaftet, passt die Rechnung für Sie als Chef — und der Mitarbeiter verdient mehr.
4) Konkreter Vorschlag: Probephase mit Zielvereinbarung
Formulieren Sie eine klare Vereinbarung:
- Dauer: Probephase 3 Monate.
- Ziele: z. B. Anzahl abgeschlossener Beratungen/Angebote, Kundenzufriedenheit, Termintreue, weniger Rückfragen an Sie.
- Messung: Wöchentliche/monatliche Kennzahlen, kurze Review‑Meetings.
- Ergebnis: Bei Zielerreichung dauerhaftes Gehaltsplus; bei Nicht‑Erreichung Rückkehr zur alten Vergütung oder Anpassung an realistische Ziele.
Das ist fair, reduziert Ihr Risiko und motiviert den Mitarbeiter.
5) Alternativen zur direkten Gehaltserhöhung
Falls Sie aus Budget‑/Gewinn‑Gründen (z. B. sehr knapp kalkulierte Deckungsbeiträge) eine sofortige feste Erhöhung nicht tragen können, bieten Sie Alternativen:
- Leistungsbonus/Prämie pro abgeschlossenem Auftrag.
- Sachleistungen (z. B. Tankgutscheine, Werkzeugzulage).
- Weiterbildung + Karrierepfad (z. B. Qualifizierung zum Vorarbeiter mit anschließender Lohnerhöhung).
- Verantwortungsschritt (z. B. Teameinsatzplanung) mit nachgelagerter Gehaltsprüfung nach 6 Monaten.
6) Gesprächsleitfaden — Wortlautvorschlag für Sie
Eröffnungsantwort (bei Forderung):
„Danke, dass Sie das offen ansprechen. Bevor ich entscheide, würde ich gern verstehen, worauf Sie Ihre Forderung stützen — welche Beispiele haben Sie gesehen und was wären Sie bereit zusätzlich zu übernehmen? Geben Sie mir zwei Tage, dann schauen wir uns das zusammen an und machen einen Vorschlag.“
Vorschlag zur Probephase:
„Ich schlage vor: Wir testen das 3 Monate. Sie bekommen 2 € mehr pro Stunde, wenn Sie in dieser Zeit X Beratungen führen / Y Abschlüsse erzielen / bestimmte Aufgaben übernehmen. Wir halten das schriftlich fest und treffen uns monatlich zum Review.“
Absage mit Perspektive:
„Im Moment kann ich das nicht dauerhaft zahlen, weil unsere Kalkulation das nicht hergibt. Ich bin bereit, einen zeitlich befristeten Bonus anzubieten und mit Ihnen einen Plan zu entwickeln, wie Sie die Mehrauszahlung dauerhaft verdienen können.“
7) Dokumentation & Nachverfolgung
Halten Sie Vereinbarungen schriftlich (kurze E‑Mail oder Zusatzvereinbarung). Legen Sie Kennzahlen fest und planen Sie die Review‑Termine. So vermeiden Sie Missverständnisse und haben eine Basis für spätere Entscheidungen.
8) Wenn viele Mitarbeiter Forderungen stellen
Wenn mehrere Mitarbeiter ähnliche Forderungen äußern, prüfen Sie:
- Ist die Lohnstruktur marktgerecht? Ein kurzer Marktcheck (Stellenportale, Branchenkontakte) lohnt.
- Liegt ein generelles Problem (Überlastung, fehlende Karrierepfade) vor? Dann strategisch gegensteuern: Lohnerhöhung nur bei nachhaltiger Umsatzentwicklung oder strukturelle Maßnahmen (z. B. Produktivitätssteigerung, Preisanpassungen).
9) Fazit — fair verhandeln statt reflexiv blocken
Ein klares „Nein“ kostet Sie manchmal mehr als das Geld, das Sie sparen: Demotivation, Kündigung, Know‑how‑Verlust. Besser ist: Zuhören, Forderung qualifizieren, Leistung vereinbaren und transparent dokumentieren. So bleiben Sie als Unternehmer handlungsfähig — und der Mitarbeiter motiviert.






